Institut für Volkskunde
der Deutschen des östlichen Europa
IVDE Freiburg
 
Die Renaissance der ungarndeutschen ruralen Architektur

Nachdem noch ausgangs der 1990er-Jahre namhafte wissenschaftliche Untersuchungen einen Prozess des Verschwindens der klassischen bäuerlichen "Schwabenhäuser" hatten konstatieren können, ist über die letzte Dekade eine umfassende und ästhetisch auffallende Renovierungs- und Sanierungstätigkeit zu beobachten. Ausgangspunkt und Zentrum der Projektarbeit ist der funktionelle Wandel und die erneute Bedeutungsgebung der ehemals allein in ruraler Funktion befindlichen Bauten.

Warum ist es 'modern' und hat Attraktivität, ein solches Haus in seinem äußeren Baustil zu erhalten, zu restaurieren und dauerhaft oder in bestimmten Jahresabschnitten zu bewohnen?
Grundlage des Projekts im IVDE ist eine umfangreiche Fotodoku-
mentation, die in mehreren Felderhebungen seit dem Jahr 2005 zusammengetragen werden konnte. Die bereits im Hause befindlichen Fotosammlungen aus ungarndeutschen Dörfern der 1920er-/1930er-Jahre sowie Kopien von Ortsakten ungarischer Komitatsarchive bilden eine einzigartige Möglichkeit, den notwendigen historischen Vergleich mit einer noch vollkommen agrarisch bestimmten Wohn- und Wirtschaftswelt anzustellen.

Im IVDE ebenfalls vorhandene Materialien können zeigen, von welchen übergeordneten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungskräften die ländliche Architektur in den 1960er- bis zu den 1980er-Jahren bestimmt worden ist. Im Hinblick auf die gegenwärtige Situation soll unter anderem geprüft werden, wo Förderverbünde wie etwa die Liaison entre actions de développement de l’économie rurale (LEADER) gesamteuropäische Bedingungen schaffen, unter denen eine spezifische Renaissance ruraler Architektur ihre Gestalt erhält.

An dieser Stelle kann Konrad Bedals klassischer Satz, nach dem jeder Bau – und insbesondere jedes Wohnhaus – ein Indikator für wirtschaftliche Verhältnisse, soziale Beziehungen und kulturelle Leistungen einer Zeit, einer Region und einer sozialen Schicht ist, mit fortführenden und neuen Aussagen befüllt werden.

Projekt von: Michael Prosser-Schell
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