Institut für Volkskunde
der Deutschen des östlichen Europa
IVDE Freiburg
 
Quartalston 1/2024

Von Kreideaufschriften und Segensformeln

Ein zur Zeit der Aufnahme 54-jähriger Gesprächspartner Johannes Künzigs aus dem Kreis Saaz/Žatec in Nordwestböhmen erzählt vom Brauch des Markierens von Türen oder Türstöcken am 6. Januar, dem Heilig-Drei-Königs-Tag. Dies geschah meist im Rahmen des seit dem Mittelalter bekannten Heischebrauches des Sternsingens, bei dem drei, die Heiligen Drei Könige darstellende Kinder von Haus zu Haus zogen, Segenswünsche überbrachten und dafür mit kleinen Gaben belohnt wurden.

Wie in dem Tonbeispiel berichtet wird, wurden "die heiligen Zeichen K+M+B mit Jahreszahl" mit kirchlich geweihter Kreide angebracht. Um sicherzustellen, dass das Vieh gesund bleibe, habe man an manchen Orten die Kreide danach zerrieben und unter das Futter gemischt.

Geweihte Kreide wurde in katholischen Gegenden häufig "zum Anschreiben von schützenden Zeichen" (HdA, S. 460f.) verwendet. Man glaubte so Haus und Stall vor Wasser- und Feuerschäden, Menschen und Tiere vor Krankheiten zu schützen.

Mit den Initialen K bzw. C, M und B und der jeweiligen Jahreszahl wollte man am Tag der Heiligen Drei Könige Kaspar/Caspar, Melchior und Balthasar das Haus für das nächste Jahr unter besonderen Schutz stellen. Seit den 1960er Jahren werden die drei Buchstaben auch als Abkürzung der Segensformel "Christus mansionem benedicat" ("Christus segne dieses Haus") gedeutet.

Quelle:
Artikel Kreide, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Band V, Berlin/Leipzig 1932/33, Sp. 460-462.
Tonarchiv des IVDE, Band 1061, aufgenommen von Johannes Künzig und Waltraut Werner-Künzig in Freiburg am 8.10.1975.

Tonarchiv: Elisabeth Fendl
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