Institut für Volkskunde
der Deutschen des östlichen Europa
IVDE Freiburg
 
Raimund Paleczek (Hg.)
Die Modernisierung des Großgrundbesitzes des Fürsten Johann Adolf II. zu Schwarzenberg.
Beispiel einer deutsch-tschechischen Symbiose in Südböhmen im Neoabsolutismus 1848–1860.

Modernisierung und adeliger Großgrundbesitz - das scheinen auf den ersten Blick unvereinbare Gegensätze zu sein. Der Autor belegt in seiner Studie, dass dieses weit verbreitete Deutungsmuster zumindest für die bedeutendste Adelsfamilie des neuzeitlichen Böhmen nicht zutrifft: die Fürsten zu Schwarzberg. Nachdem 1848 der Versuch gescheitert war, Österreichs Monarchie zu reformieren und in einen parlamentarischen Verfassungsstaat umzubauen, wurden die Völker der Reichsteile in einen als "Neoabsolutismus" bezeichneten Winterschlaf versetzt. Dennoch konnte sich das Bürgertum vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet weiter emanzipieren. In einigen Fällen gelang es auch dem großgrundbesitzenden Adel in dieser Zeit, seine Güter betriebswirtschaftlich zu moderniesieren. Eine tragende Rolle kam dabei dem Zusammenwirken von adligem Gutsherrn und seinen Beamten zu. Fürst Johannes Adolph II. zu Schwarzberg verwaltete seinen 180 000 Hektar großen Besitz in Böhmen über ein halbes Jahrhundert mit einer Mischung aus patriachalischen Traditionen und kapitalorientierter, aber sozial verantwortungsbewusster Betriebsführung, in der nationale Auseinandersetzungen keinen Platz hatten. Dieses sozialökonomische Integrationsmodell war von eineinhalb Jahrhunderten erfolgreich und gewinnt vor dem Hintergrund der Identitätskrise sozialer und ökonomischer Machbarkeit an aktuelle Bedeutung.

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